Die Orthographie des Altfranzösischen (11.-13. Jhdt.)
Lautliche Veränderungen im Vulgärlateinischen und im Altfranzösischen
Veränderungen der Vokale und ihre Darstellungen in der Schrift
Als sich die lateinische Sprache in der Struktur sowie im Lexikon zu verändern begann, wandelte sich auch der Lautwert der Vokale. Darin unterschied sich das Vulgärlatein stark vom ursprünglichen klassischen Latein. Als herausragendes Beispiel ist der Wegfall des Hauchlautes h zu erwähnen; solchermaßen veränderte Wörter hielten manchmal sogar Einzug in die Literatursprache, wie z. B. anser für "Gans" anstelle von hanser. Weitere Beispiele sind abere (< habere), abitat (< habitat), eres (< heres) oder omo, das von homo kommt. Kurioserweise findet man auch sogenannte hyperkorrekte Schreibungen, d. h. Schreibungen, bei denen dieser Prozess des Wegfallens des h umgekehrt wurde: have für ave, hest für est und homnium statt omnium. Siehe hierzu auch "Die Relatinisierung".
Der (klassisch lateinische) Diphthong ae hat sich in seiner Aussprache in ein offenes e gewandelt, weshalb man auch die Schrift an diese Änderung anglich. Man schrieb also nicht mehr aeternae, sondern eterne, nicht mehr memoriae, sondern memorie usw.
Auch der Verlust der Quantität der Vokale zugunsten ihrer Qualität hatte zur Folge, dass viele Wörter sich in der Schreibung änderten. Dies geschah schon relativ früh, denn man fand Zeugnisse lateinischer Grammatiker des 3.-4. Jahrhunderts, auf denen die Wörter ficit für fecit, micum statt mecum sowie nubis und patrunus für nobis und patronus auftauchen.
Ein anderes Phänomen, das der Synkope, d. h. des Ausfalls einer ganzen unbetonten Silbe, wurde ebenfalls in der Schrift berücksichtigt. So findet man z. B. domno für dominum, verde für viridem etc.
Abgesehen von dem oben beschriebenen Wegfall von Vokalen bzw. Silben gab es jedoch auch noch andere Veränderungen. So wandelte sich z. B. die Aussprache ein und desselben Schriftzeichens im Laufe der Jahre, wie im Falle des u bekannt. Dessen Aussprache änderte sich von [u] zu [y], z. B. in den Wörtern mur, tu und plus.
< Seite 3 < > Seite 5 >